Sinnlichkeit

Sinnlichkeit
Sinn:
Das auf das dt. und niederl. Sprachgebiet beschränkte Substantiv (mhd., ahd. sin, niederl. zin) wurde schon in ahd. Zeit wie heute auf Verstand und Wahrnehmung bezogen. Auf eine ältere Bedeutung weist das starke Verb »sinnen« (s. d.), das im Ahd. »streben, begehren«, ursprünglich aber »gehen, reisen« bedeutete.
Diese Grundbedeutung »Gang, Reise, Weg« hat ein anderes gemeingerm. Substantiv, das z. B. als mhd. sint, ahd. sind »Reise, Weg« und als got. sinÞs »Gang; Mal« (in Zahladverbien) erscheint und auch das Stammwort des Substantivs Gesinde (eigentlich »Begleitung, Gefolgschaft«) ist. Zu ihm gehört ein unbezeugtes germ. Verb mit der Bedeutung »reisen«, dessen Veranlassungswort senden (eigentlich »reisen machen«) ist. Die gesamte germ. Wortgruppe beruht auf der idg. Wurzel *sent- »gehen, reisen, fahren«, deren ursprüngliche Bedeutung wohl »eine Richtung nehmen, eine Fährte suchen« war. Zu dieser Wurzel gehören außerhalb des Germ. z. B. air. sēt »Weg« und die Sippe von lat. sentire »fühlen, wahrnehmen«, sensus »Gefühl, Sinn, Meinung«, deren Bedeutungsgehalt dem der dt. Wörter »Sinn« und »sinnen« entspricht. Vergleiche auch lit. sintė̓ti »denken«. Zahlreiche Zusammensetzungen mit Adjektiven, z. B. »Scharf-, Stumpf-, Leicht-, Eigen-, Froh-, Tief-, Blöd-, Schwach-, Wahnsinn« bestimmen Teile des Gesamtbegriffs von »Sinn« näher. Sie sind meist erst im Nhd. aus entsprechenden Adjektiven wie »scharf-, blöd-, tiefsinnig« rückgebildet worden. Aus dem alten unsinnig (mhd. unsinnec, ahd. unsinnig »verrückt, töricht, rasend«) entstand die Rückbildung Unsinn (mhd. unsin »Unverstand, Torheit, Raserei«), die im 18. Jh. unter dem Einfluss von engl. nonsense ihre jetzige Bedeutung »Albernheiten« bekam. – Abl.: sinnig (das Adjektiv mhd. sinnec »verständig, besonnen, klug«, ahd. sinnig »empfänglich, gedankenreich« wurde Ende des 18. Jh.s wieder belebt und bedeutet heute »sinnreich, sinnvoll«, oft mit ironischem Nebenton); sinnlich (mhd. sin‹ne›lich wurde meist auf die Empfindung der Sinne bezogen und entwickelte sich zum Gegenwort von »geistig«; im Nhd. bedeutet es vor allem »auf geschlechtlichen Genuss ausgerichtet; begehrlich«), dazu Sinnlichkeit (mhd. sin‹ne›līcheit) und übersinnlich »über die Sinne hinausgehend« (18. Jh.), gesinnt (s. d.). Zus.: Sinnbild (im 17. Jh. für »Emblem« »allegorisches Bildzeichen« geprägt, heute für »bedeutsames Zeichen, Symbol« gebraucht); sinnlos (mhd., ahd. sinnelōs »wahnsinnig; bewusstlos, von Sinnen«; heute nur noch im Sinne von »ohne Sinn, ohne Vernunft; zwecklos« und »übermäßig, maßlos« gebraucht); sinnreich (mhd. sinnerīche »verständig, scharfsinnig«); sinnvoll (im 18. Jh. »gehaltvoll«, jetzt auch »zweckdienlich«).

Das Herkunftswörterbuch . 2014.

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